Ilyushin Il-14
Die Iljuschin Il-14 ist ein Meilenstein der frühen Nachkriegs-Luftfahrt und verbindet robuste Technik mit bemerkenswerter Vielseitigkeit. Ab 1950 flogen tausende Exemplare dieser zweimotorigen Transportmaschine in Zivil- und Militärdiensten rund um den Globus. Ob als Passagierflugzeug, Luftpostbote, Ambulanzmaschine oder maritime Aufklärungsplattform – die Il-14 setzte Maßstäbe für Reichweite, Zuladung und Wirtschaftlichkeit. In diesem Artikel werfen wir einen detaillierten Blick auf die Entstehung, den Aufbau, die wesentlichen technischen Daten und die noch heute faszinierende Variationen dieses sowjetischen Klassikers.
Geschichte und Einsatz
Prototyp und Erstflug
Nach den Erfahrungen mit der Il-12 begann Iljuschin unter Leitung von Sergei Iljuschin 1947 die Entwicklung eines moderneren Doppeldeckers. Der Prototyp (Typ Il-14) hob am 24. September 1950 erstmals ab und beeindruckte mit leistungsstärkeren Motoren, einem zweiteiligen Hochdecker und einem stromlinienförmigeren Rumpf. Bereits wenige Monate später startete die Serienproduktion im Werk in Uljanowsk.
Ziviler und militärischer Einsatz
Ab 1952 erhielt die Aeroflot mehrere Hundert Il-14P als Kurz- und Mittelstrecken-Passagierflugzeuge. Parallel lief ab 1953 die militärische Version Il-14T vom Band, die in Luft transportierten Truppen, Material und aufblasbare Behelfsbrücken zu Füßen von Panzerverbänden brachte. Marinespezifische Varianten übernahmen Seenotrettung und U-Boot-Jagd. Bis in die 1970er-Jahre hinein prägte die Il-14 den Flugverkehr in osteuropäischen Staaten, China, Kuba und Afrika.
Aufbau und Konstruktion
Rumpf und Tragwerk
Die Il-14 verfügt über einen hoch am Rumpf angeschlagenen Tragflügel mit einem durchgehenden Holzkastenholm und Ganzmetall-Beplankung. Der semi-monocoque-Rumpf besteht aus Leichtmetallprofilen mit glatter Außenhaut, die den Luftwiderstand reduziert. Das Passagierabteil fasst bis zu 24 Sitze und ist mit Dachluken und Ausstiegstüren beiderseits ausgestattet.
Leitwerk und Fahrwerk
Das Leitwerk zeigt eine doppelte Leitwerksflosse, die für gute Seitenstabilität sorgt. Das einziehbare Dreirad-Fahrwerk versank in aerodynamisch geformten Nischen: Die Hauptfahrwerksbeine zogen sich in die Tragflächen ein, das Bugrad unter den Frachtraum. Hydraulische Stoßdämpfer und Trommelbremsen an den Hauptfahrwerksbeinen ermöglichten auch auf rauen Feldlandebahnen sichere An- und Abflüge.
Antrieb und Propeller
Je zwei luftgekühlte 14-Zylinder-Sternmotoren vom Typ ASh-82T leisteten je 1 900 PS. Die Hamilton-Standard-Zweiblatt-Propeller mit verstellbarer Steigung optimierten Schub bei Start, Steigflug und Reiseflug. Zwei Kraftstofftanks pro Tragfläche hielten bis zu 3 000 Litern Treibstoff – eine Basis für Reichweiten von über 2 500 Kilometern.
Technische Daten
Abmessungen
- Spannweite: 29,00 m
- Rumpflänge: 19,51 m
- Höhe: 6,05 m
- Flügelfläche: 79,0 m²
- Cockpitbreite: 2,50 m
Gewichte und Belastungen
- Leergewicht: 9 235 kg
- Max. Abflugmasse: 13 900 kg
- Max. Nutzlast: 4 665 kg
- Flächenbelastung (max): 176 kg/m²
Antrieb
- Motoren: 2 × Shvetsov ASh-82T (Sternmotor)
- Leistung je Motor: 1 900 PS (1 397 kW)
- Propeller: 2-Blatt, drehzahlverstellbar, Durchmesser 3,80 m
Flugleistungen
- Höchstgeschwindigkeit: 360 km/h bei 4 000 m
- Reisegeschwindigkeit: 310 km/h bei 2 500 m
- Dienstgipfelhöhe: 6 500 m
- Reichweite (Standard): 2 500 km
- Ferry-Reichweite: 3 050 km
- Steigrate: 4,6 m/s
- Stallgeschwindigkeit (Landekonfiguration): 140 km/h
Treibstoff und Verbrauch
- Tankkapazität: 3 000 l in zwei Flügeltanks
- Durchschnittlicher Verbrauch: 450 l/h (beide Motoren)
- Langstrecken-Verbrauch (Cruise): 360 l/h
Variantenübersicht
Il-14P (Passagier)
Mit 24 Polstersitzen, Gepäckraum im Heck und seitlichen Einstiegstüren war sie das Rückgrat der Aeroflot-Kurzstrecke. Die Triebwerksabdeckungen erhielten Wartungsklappen für schnellen Motorzugang.
Il-14M (Fracht)
Verstärkte Ladeboden und große Heck-Ladeklappe ermöglichten den Transport von Lasten bis 6 000 kg. Die Sitze entfielen, stattdessen gab es Zurrpunkte und modular einsetzbare Lazarett-Liegen.
Il-14T (Truppentransporter)
Mit Fallschirmsprung-Luke im Rumpfdach und Innenausrüstung für bis zu 24 Soldaten diente sie in taktischen Verbänden der Sowjetarmee.
Spezielle Versionen
- Il-14SK: Ambulanzmaschinen mit medizinischer Ausstattung
- Il-14RR: Meeresaufklärung mit Sonarbojen und Seenotsuchlichtern
- Il-14F: Feuerlöschvariante, für den Einsatz in Waldbrandgebieten
Erhaltungsstatus und Restaurierung
Museums- und Exponateinsätze
Weltweit erhalten Museen wie das Central Air Force Museum in Monino, Russland, mehrere Il-14. In Osteuropa existieren zivile Vereine, die flugfähige Exemplare für Rundflüge und Filmproduktionen betreiben.
Technische Herausforderungen
Alte Stahlrohre im Fahrwerk, abgestimmte Dichtungen von Kraftstoff- und Hydraulikleitungen sowie wärmebehandelte Triebwerkskomponenten benötigen regelmäßige Spezialinstandsetzungen. Ersatzteile werden teils nach Originalplänen nachgefertigt.
Fazit
Die Iljuschin Il-14 vereint Einfachheit und Robustheit mit beeindruckenden Leistungsdaten. Als Arbeitstier der frühen 1950er-Jahre meisterte sie Transporte, Seenotrettung und Grenzpatrouillen mit gleicher Zuverlässigkeit. Heute fasziniert sie immer noch als fliegendes Zeitdokument und technisches Denkmal einer Ära, in der Ingenieurskunst die Welt über Wasser und Land verband.