AVIA FL.3
Die Avia FL.3 ist ein Klassiker der leichten Sport- und Schulflugzeuge der 1940er-Jahre. In Italien entworfen und gebaut, kombinierte sie einfache Handhabung mit ausgesprochen eleganter Linienführung. Schlank, wendig und mit geringem Gewicht ausgestattet, diente sie Freizeitpiloten, Segelflugschulen und Luftsportvereinen als perfekter Reise- und Trainingsgleiter. Heute gilt die FL.3 als begehrtes Sammlerstück und zeigt, wie durchdachte Technik und zeitloses Design zu einer Legende der General Aviation werden können.
Entwicklungsgeschichte
Von der Idee zum Prototyp
Ende der 1930er-Jahre entstand bei der Flugzeugschmiede Avia in Mailand der Wunsch nach einem leichten Zweisitzer, der sowohl Schulung als auch sportliche Ausflüge abdecken konnte. Der Flugzeugkonstrukteur Luigi Pellarini entwickelte einen aerodynamisch sauberen Tiefdecker aus Holz und Stoff. Der Prototyp absolvierte 1939 seinen Jungfernflug, noch kurz bevor der Zweite Weltkrieg die Produktion unterbrach.
Serienproduktion und Variationen
Nach Kriegsende nahm Avia die Fertigung wieder auf und baute zwischen 1946 und 1952 rund 650 Exemplare der FL.3. Unterschiedliche Motorvarianten – von 60 bis 85 PS – boten Piloten je nach Wunsch mehr Reisegeschwindigkeit oder niedrigeren Verbrauch. Kleinere Manufakturen in Südamerika lizenzierten das Muster später in begrenzter Stückzahl nach.
Konstruktion und Aufbau
Rumpf und Cockpit
Die FL.3 besitzt einen schlanken, rechteckigen Rumpfquerschnitt. Im vorderen Bereich schützt eine einfache Metallschale das Cockpit, dahinter folgt eine Holzspantenstruktur mit Stoffbespannung. Zwei Sitze nebeneinander ermöglichen Fluglehrer und Schüler direkten Sichtkontakt. Die durchgehende Haube aus Plexiglas gewährt nahezu 180-Grad-Rundumsicht.
Tragwerk
Die trapezförmigen Tragflächen ruhen auf einer Mittelstellung tief am Rumpf. Ein einfacher Holzkastenholm, in vier Segmenten zusammengesteckt, bildet das Rückgrat. Landeklappen senken die Fluggeschwindigkeit beim Anflug auf rund 80 km/h. Winglets gab es nicht, dafür saubere Übergänge von Flügeln zum Rumpf, die Strömungsabrisse hinauszögerten.
Fahrwerk
Das ungefedertes Spornradfahrwerk mit starrem Hauptfahrgestell bot Robustheit auf Graspisten und provisorischen Feldern. Die beiden Haupträder sitzen an Aluminium-Starrbeinen, Gummifedern dämpfen kleine Stöße. Ein kleines Spornrad unter dem Leitwerk stabilisiert beim Rollen, die Trommelbremse hilft beim Einleiten enger Kurven auf der Piste.
Antrieb und Ausrüstung
Motorvarianten
Am häufigsten anzutreffen ist der Reihenmotor Continental A65 mit 65 PS, luftgekühlt und komplett wartungsarm. Alternativ kamen Fiat A.50- oder Walter-Mikron-Motoren mit 60 bis 85 PS zum Einsatz. Alle Aggregate treiben über ein Zweiblatt-Verstellpropellerpaket an, das Schub für Start, Steigflug und Reiseflug anpasst.
Treibstoffsystem
Ein zentraler Tank im Rumpf fasst 80 Liter AvGas, ausreichend für 4–5 Stunden Reiseflug. Der einfache Tragflächentank in jeder Fläche wird über Rückschlagventile gekoppelt, so dass bei einseitigem Flughang der Motor konstant versorgt bleibt. Ein Schauglas im Rumpfboden zeigt den Füllstand an.
Avionik und Komfort
Serienmäßig stammen Instrumente aus der Vorkriegszeit: Fahrtmesser, Höhenmesser, Kompass und Kurbelrad für den Notfunk. Viele Restaurateure ergänzen heute ein leichtes GPS-Panel und moderne Transponder. Eine einfache Heizmatte unter der Plexiglashaube sorgt an kühlen Flugtagen für beschlagsfreie Sicht.
Technische Daten
Abmessungen und Gewichte
Spannweite: 8,00 m Länge: 6,50 m Höhe: 2,05 m Flügelfläche: 10,2 m² Leergewicht: 360 kg Max. Abflugmasse: 620 kg Flächenbelastung (maximal): 60 kg/m²
Antrieb und Leistung
Motor: Continental A65, 4-Zylinder, 65 PS bei 2 300 U/min Propeller: Zweiblatt-Verstellpropeller, 1,80 m Durchmesser Kraftstofftank: 2 × 40 l (Rumpf und Tragflächen) Verbrauch: 20–24 l/h bei Cruise
Flugleistungen
Höchstgeschwindigkeit: 185 km/h Reisegeschwindigkeit: 165 km/h Stallgeschwindigkeit (Landeklappen): 80 km/h Steigleistung: 3,5 m/s Dienstgipfelhöhe: 3 500 m Reichweite: 650 km Geringste Sinkrate: 1,1 m/s
Einsatz und Pilotenerfahrung
Schulung und Freizeitflüge
Dank sanfter Langsamflugeigenschaften ist die FL.3 ein beliebter Schulflieger. Piloten schätzen das direkte Ruderfeedback und die stabile Reisefläche. Für Rundflüge entlang der Küste oder Tagesausflüge in benachbarte Alpenpässe bietet sie mit 165 km/h Reisegeschwindigkeit ausreichend Performance.
Rallyes und Oldtimer-Events
Wegen ihres eleganten Designs ist die FL.3 auf Airshows und Oldtimer-Rallyes ein gern gesehener Gast. Ihre originale Optik und der charakteristische Klang des 65-PS-Motors ziehen Publikum ebenso an wie Flugzeugenthusiasten.
Restaurierung und Sammlerstatus
Erhaltungszustand heute
Weltweit existieren nur noch rund 40 Flugzeuge im flugfähigen Zustand. Vereinzelt finden sich Wracks in Scheunen oder Hangars, die aufwändig reaktiviert werden. Holzkastenholme und Stoffbespannung erfordern Spezialkenntnisse, viele Arbeiten geschehen in Handfertigung.
Kosten und Aufwand
Eine vollwertige Restaurierung schlägt mit 60 000 bis 100 000 Euro zu Buche. Originalteile wie Haubenbefestigungen oder Landeklappenbeschläge werden nach Mustern nachgefertigt. Der Motorüberholungsaufwand beläuft sich auf das Vierfache eines modernen UL-Aggregats.
Fazit
Die Avia FL.3 ist mehr als nur ein Flugzeug – sie ist ein Stück italienischer Luftfahrtgeschichte. Ihre klaren Linien, das leichte Handling und die echten Vintage-Vibes machen sie zu einem Schatz in jedem Hangar. Technisch überschaubar, doch fliegerisch anspruchsvoll genug, begeistert sie heute noch Piloten und Zuschauer gleichermaßen. Wer eine FL.3 fliegt, erlebt das Zusammenspiel von Leichtbau, aerodynamischer Klarheit und dem Abenteuer unbeschwerter General Aviation von gestern und heute in einem einzigen Flugzeug.