Taylorcraft Auster
Die Taylorcraft Auster vereint amerikanisches Leichtflugzeugdesign mit britischer Ingenieurskunst. Ursprünglich als Taylorcraft BC-12-Serie in den USA konzipiert, wurde sie unter Lizenz von Auster Aircraft in Großbritannien weiterentwickelt. Ihr hoher Auftrieb, die STOL-Fähigkeiten und die robuste Bauweise machten sie zum unverzichtbaren Verbindungs-, Beobachtungs- und Trainingsflugzeug in Militär und Zivil.
Entwicklungsgeschichte
Ursprünge in den USA
In den 1930er-Jahren entwickelte die US-Firma Taylorcraft das BC-12-Modell als leichter Zweisitzer mit Continental-Kolbenmotor. Die einfache Holz-Metall-Konstruktion, gepaart mit stabilem Flugverhalten und geringen Betriebskosten, begeisterte Privatpiloten und kleine Flugschulen.
Lizenzbau und britische Anpassungen
Ab 1942 übernahm Auster Aircraft in Leicestershire die Serienfertigung unter der Bezeichnung „Taylorcraft Auster“. Mit stärkeren de Havilland Gipsy-Major-Motoren, verstärktem Fahrwerk und vergrößerten Klappen wurde die Maschine zur universellen STOL-Plattform – ideal für Artilleriebeobachtung (AOP-Varianten) und Verbindungseinsätze über kurzentschlossenen Feldpisten.
Technische Spezifikationen
Parameter | Wert |
---|---|
Besatzung | 1 Pilot + 1 Passagier |
Länge | 7,32 m |
Spannweite | 10,67 m |
Höhe | 2,33 m |
Flügelfläche | 16,1 m² |
Leergewicht | 544 kg |
Max. Abfluggewicht (MTOW) | 950 kg |
Motor | de Havilland Gipsy Major IIA, 130 PS (96 kW) |
Propeller | Verstellbarer 2-Blatt-Propeller |
Höchstgeschwindigkeit | 206 km/h |
Reisegeschwindigkeit | 165 km/h |
Stallgeschwindigkeit | 60 km/h |
Dienstgipfelhöhe | 4 600 m |
Steigrate | 3,5 m/s |
Reichweite | 480 km |
Ausdauer | 3,5 h |
Treibstoffkapazität | 137 l |
Startstrecke (ab) | 150 m |
Landestrecke (ab) | 140 m |
Aerodynamik und Struktur
Tragwerk und Auftriebssysteme
Die Auster setzt auf ein gerades Flügelprofil mit stark ausgeprägtem Camber. Große Fowler-Klappen und weit ausfahrbare Querruder liefern hohen Auftrieb bei langsamen Geschwindigkeiten und ermöglichen eine Startstrecke von unter 150 m. Die einfache Holme-Rippen-Konstruktion mit Stoffbespannung spart Gewicht und erlaubt schnelle Feldreparaturen.
Rumpf, Leitwerk und Fahrwerk
Ein Stahlrohr-Gitterrahmen bildet das Rückgrat des Rumpfs, überzogen mit robustem Dacron-Gewebe. Das Spornradfahrwerk mit Oleo-Dämpfern schluckt harte Bodenkontakte zuverlässig. Leitwerk und Höhenruder sind konventionell, aber effizient ausgelegt, um bei Quer- und Seitenwinden präzise Steuerbarkeit zu gewährleisten.
Antrieb und Performance
De Havilland Gipsy Major IIA
Der luftgekühlte Reihenmotor liefert 130 PS und überzeugt durch hohe Zuverlässigkeit. Er läuft auch mit schwankender AvGas-Qualität stabil und verlangt nur moderate Wartungsintervalle. Der verstellbare Propeller erlaubt Piloten, den Schub für Start, Steigflug oder Reiseflug optimal zu dosieren.
Flugleistungen
Im Reiseflug erreicht die Auster 165 km/h bei einem Verbrauch von etwa 25 l/h. Dank hohem Drehmoment der Gipsy Major bleibt die Steigrate um 3,5 m/s auch in größeren Flughöhen erhalten. Die Dienstgipfelhöhe von 4.600 m macht sie tauglich für Alpenüberquerungen und Bergland-Einsätze.
Avionik und Bordausstattung
Cockpit und Instrumentierung
Das übersichtliche Cockpit konzentriert sich auf Wesentliches: Fahrtmesser, Höhenmesser, Kompass, Drehzahlmesser sowie Öldruck- und Temperaturanzeigen. Optionsweise lassen sich ADF/NDB-Empfänger, moderner VHF-Funk und ein einfaches GPS-System nachrüsten.
Komfort und Ergonomie
- Großzügige Verglasung der Kabine für Rundumsicht
- Bequeme, verstellbare Sitze mit Polsterung
- Tiefe Ausstiegsöffnung für mühelosen Einstieg
- Schallschutzmatten und isolierte Verkleidungen reduzieren Kabinenlärm
Einsatzszenarien und Varianten
Militärische Observation (AOP-Varianten)
Mit Panoramakanzel und Funkaufbauten diente die Auster als Artilleriebeobachter in Europa, Afrika und Asien. Ihre Fähigkeit, auf unbefestigten Pisten abzuheben, machte sie dort zum unverzichtbaren Auge am Himmel.
Ziviler Schulbetrieb und Charterservice
Flugschulen schätzen die Auster als Ein- und Umsteigertrainer: stabiles Handling, Übersicht und niedrige Betriebskosten. Charterunternehmen nutzen sie für Sightseeing-Flüge und Inspektionstouren in schwer zugänglichen Regionen.
Spezielle Umbauten
- Ambulanzversion mit Liegebank
- Luftbildflugzeug mit abnehmbarer Panoramascheibe
- Kunstflug-Modell mit verstärktem Rumpf
Wartung und Wirtschaftlichkeit
Die Auster glänzt mit geringen Wartungsaufwänden: Klappen, Fahrwerk und Motorkühler lassen sich ohne Spezialwerkzeuge prüfen. Ersatzteile aus alten Air-Corps-Beständen halten die Materialkosten niedrig. In Summe liegen die Stundenkosten oft unter 100 €.
Erhaltungsprojekte und Sammlerszene
Weltweit restaurieren Leidenschaftliche noch flugfähige Austers. Museen in Shuttleworth, Duxford und Old Warden präsentieren makellose Restaurationen mit historischer Lackierung. Private Piloten treffen sich zu Fly-Ins und tauschen Original-Manuskripte für Cockpit-Beschriftungen aus.
Bedeutung und Ausblick
Die Taylorcraft Auster bündelt Pioniergeist und pragmatische Ingenieurskunst. Ihr Erbe lebt in modernen STOL-Mustern und ultraleichten Beobachtungsdrohnen weiter. Gleichzeitig inspiriert sie heute Umbauten auf Elektro- oder Hybridantrieb, um das Kapitel Leichtflugzeug in eine nachhaltige Zukunft zu führen.