Kloster Reichenstein: Ein verborgenes Kleinod im Monschauer Land

Hoch über dem Tal der Rur, eingebettet in dichten Buchenwald und auf einem schroffen Felsplateau, thront Kloster Reichenstein als stiller Zeuge mittelalterlicher Spiritualität und barocker Baukunst. Wer durch die mächtigen Torflügel tritt, spürt sofort die friedvolle Energie eines Ortes, der seit über 900 Jahren Gastfreundschaft, Besinnung und kulturelle Vielfalt miteinander verbindet.

Ein Streifzug durch die Jahrhunderte

Die Geschichte von Reichenstein beginnt im frühen 12. Jahrhundert, als die Herzöge von Limburg ihre Höhenburg „Richvinstinne“ dem Prämonstratenserorden schenkten. Im Schatten der Uraltbuchen errichteten die Mönche bald einen Vierflügelbau mit romanischer Kapelle und ummauertem Konventshof. • 1136: Gründung als Priorat mit regelmäßigen Gottesdiensten und Schulunterricht für das Umland • 1543: Zerstörung durch Landsknechte im Dritten Geldrischen Erbfolgekrieg, gefolgt von mühsamem Wiederaufbau über ein Jahrhundert hinweg • 1693 – 1714: Vollendung der barocken Klosterkirche und Erhebung zur Propstei, die Reichenstein eine hohe Unabhängigkeit verlieh • 1802: Säkularisation unter napoleonischer Herrschaft; Veräußerung des Anwesens als Gutshof und umfassende Umnutzung • 2007: Rückkehr geistlichen Lebens: Erwerb durch die französische Abtei Notre-Dame de Bellaigue und Beginn behutsamer Restaurierungen

Jeder Flügel des Klosterhofs erzählt von Zeiten fruchtbarer Gemeinschaft ebenso wie von Epochen des Umbruchs und der Neugestaltung.

Architektur und Landschaftsensemble

Beim Rundgang fallen verschiedene Bauphasen sofort ins Auge: • Die romanische Kapelle mit ihrem schlichten Bruchsteinmauerwerk und den zierlichen Rundbogenfenstern ist der älteste Bauteil. • Der barocke Kirchenbau beeindruckt mit reichem Stuck und einem aufwendigen Dreimasterdach aus schwarzem Schiefer. • Der Wirtschaftsflügel aus dem 19. Jahrhundert beherbergt Stallungen und Speicher, heute genutzt für Ausstellungen und Konferenzen. • Der weitläufige Klosterhof mit seinem giebelgetrennten Kreuzgang lädt zu stillen Momenten ein, während der Fischteich am südlichen Hang eine seltene Artenvielfalt an Libellen und Wasserpflanzen nährt. • Auf einem anschließenden Aussichtspunkt überblickt man das weite Rurtal von Monschau bis hin zu den Höhen des Hohen Venn.

Zwischen Steinkanzeln und schattigen Laubengängen fühlt man sich hier fast wie in einer anderen Welt, fernab vom Lärm der Zivilisation.

Geistliches Leben und kulturelle Höhepunkte

Seit der Neugründung pulsiert Reichenstein wieder als lebendiges Kloster: Tägliche Laudes und Komplet gewähren Einblick in das monastische Gebetsrhythmus. Daneben haben sich Kultur und Gastlichkeit etabliert: • Sommerliche Orgelkonzerte in der Kapelle • Vorträge zu Geschichte und Ökologie im ehemaligen Marstall • Kalligrafie-Workshops und Schreibseminare im ruhigen Kreuzgang • Taizé-Abende mit meditativem Gesang und Kerzenlicht • Pilgertreffen für eine Nacht im Kloster, inklusive Zeiteinteilung und herzlicher Bewirtung

Besucher sind jederzeit willkommen, die Kirche zu betreten und an den offenen Andachten teilzunehmen. Gruppenführungen geben Einblicke in die Restaurierungsarbeit und die Mönchsökonomie.

Naturerlebnis und Wanderparadies

Kloster Reichenstein liegt mitten im Naturpark Hohes Venn–Eifel und bietet zahlreiche Ausflugsmöglichkeiten: • Rur-Uferweg: Ein flacher Pfad führt in 45 Minuten zu den historischen Tuchmachermühlen von Monschau. • Aussichtsfelsen “Kaisereiche”: In einer knappen Stunde erreicht man von hier eine naturschöne Plattform über schroffen Sandsteinfelsen. • Pilgerroute Eifelkreuz: Eine Etappe verbindet Reichenstein mit dem Kloster Mariawald. • Fahrradtour auf dem Rur-Radweg: Sanfte Steigungen und entspanntes Rollen bis zum Rursee. • Wildkräuter-Exkursionen mit Klostergärtnern, die Heilpflanzen im Klostergarten vorstellen.

Stillen Wald- und Wiesenabschnitten folgen geheimnisvolle Moorpfade – ein Paradies für Vogelbeobachter und Naturfotografen.

Kulinarik zwischen Tradition und Moderne

Das Klostercafé öffnet täglich mit selbstgebackenem Brot, herzhaften Quiches und erlesenen Tees, die in der Kräuterwerkstatt des Klosters veredelt werden. Für den kleinen Hunger gibt es: • Warme Flammkuchen mit Wildkräuterbelag • Hausgemachte Suppen aus dem Klostergarten • Pralinen und Kuchen nach alten Rezepten der Prämonstratenser • Regional erzeugte Käsesorten aus Monschauer Bergweiden

Am Wochenende lockt die Brotzeithalle mit Käse-Bretzeln, Rurforellen und lokal gebrauten Bieren. Unter Lichterketten im Innenhof genießt man hofeigene Moste und aromatischen Apfelwein.

Anfahrt nach Kloster Reichenstein

Mit dem Auto

• Ab Aachen über die B258 in Richtung Monschau, in Kalterherberg rechts abbiegen auf die L218 (Beschilderung „Reichenstein“ folgen). • Ab Köln über die A4 bis Kreuz Köln-West, weiter auf der A1 bis Abfahrt Euskirchen-Süd und dann der B266 nach Monschau folgen. In Kalterherberg den braunen Touristenschildern „Kloster Reichenstein“ folgen. • Parkplätze stehen großzügig am Klostereingang kostenfrei zur Verfügung.

Mit öffentlichen Verkehrsmitteln

• Regionalzug von Aachen nach Düren, Umstieg in die Euregiobahn (RB20) bis Monschau. • Von Monschau Buslinie 1 (Richtung Kalterherberg) bis Haltestelle „Reichenstein“. • Fußweg zur Klosterpforte: circa 10 Minuten entlang eines schattigen Waldpfads.

Zu Fuß oder per Rad

• Der Rur-Radweg führt direkt am Kloster vorbei; eine Abzweigung über ruhige Feldwege bringt Radler zum Hof. • Wanderer auf dem Eifelsteig erreichen das Kloster von Rollesbroich aus in rund 2 Stunden. Die letzte Etappe verläuft durch lichten Buchenwald mit hübschen Rastplätzen.

Tipps für den Besuch

Öffnungszeiten: Das Klostergelände ist täglich frei zugänglich; Führungen und Café-Angebot sollte man vorab telefonisch oder online reservieren. • Kleidung: In der Kirche empfiehlt sich angemessene, demütige Garderobe. Im Wald geländegängige Schuhe. • Übernachtung: Einzelzimmer für Pilger und Gruppenunterkünfte im umgebauten Wirtschaftstrakt auf Anfrage. • Ruhezone: Der Kreuzgang ist an Werktagen ab 18 Uhr Ruhebereich – ideal für kontemplative Auszeiten. • Besondere Momente: Sonnenaufgang über dem Fischteich und Abendgebet bei Kerzenschein sind magische Erlebnisse.

Kloster Reichenstein 003 - K